Sonntag, 16. September 2007

genf!

huuuuuiiiii, angekommen. ich bin daaaaaaa, juhuuuuu!!
da braucht es also nur sechs wochen wanderung, 750 kilometer, und schon bin ich da, im zentrum der neutralität - oder eher: im zentrum des kapitals. in genf!
ich kanns ja selber noch kaum glauben, das ist so unwirklich... obwohl ich so lang gebraucht hab, um hier anzukommen.

aber es gibt noch viel zu erzählen (also vorsicht, das wird eine längerer eintrag!), die letzten tage waren ein bisschen turbulent; also mal sehen, wo fang ich an...

fribourg - autigny, montag
das war eine wunderschöne etappe; alte brücken, alte klöster, schöne kirchen, lichte wälder. der weg kann soooo schön sein!
in der jugi hatte ich noch marlies kennengelernt, eine alte pilgerhäsin, die schon mehrfach in spanien auf wegen unterwegs war und jetzt von berlin nach santiago pilgert. am stück. ordentlich! wir sind einen teil miteinander gegangen, haben uns dann getrennt, aber für mittwoch abend in lausanne verabredet.
ich bin also weiter nach autigny, ohne mich vorher um 'ne unterkunft zu kümmern; das mach ich mittlerweile immer so, weils mir oft genug passiert ist, dass auf dem weg noch irgendwas interessantes kam und die reservierung total unnötig war. das kann, muss aber nicht nach hinten losgehen.
hm.
in autigny tauch ich also bei madame schneider auf, die ein pilger-b&b führt. sie spricht kein deutsch oder englisch, und ich kein französisch. das hat sie nicht davon abgehalten, mir total nett und sehr wortreich zu berichten, dass sie - "dommage, dommage!" - nichts frei hat, weil heute drei pilger aus fribourg schon reserviert haben. aber ob ich nicht 'nen kaffee will? selbstgebackene plätzchen? und sie erzählt und erzählt, ich versteh nichts oder nur brocken, und frag mich die ganze zeit, wo ich denn jetzt übernachten soll... aber alles kein problem, sie ruft ihre nachbarin an, besorgt mir 'nen schlafplatz bei der ebenso gütigen madame haller (die glücklicherweise deutsch spricht!) - und wehrt meine versuche, mich dagegen zu wehren, dass sie mich mit dem auto hinbringt, mit einer lässigen geste ab. voila!
mit madame haller hatte ich ein wunderbares abendessen (ratatouille, legga!) und frühstück, und sehr berührt von den gesprächen mit ihr und überhaupt von ihr bin ich am nächsten morgen los.

autigny - moudon, dienstag
das war auch eine wunderschöne strecke, wenn auch überwiegend über asphalt. hu, das schlaucht, das ist ziemlich anstrengend für die beine. glücklicherweise gings die letzte stunde an der broye entlang, einem putzigen kleinen fluss, auf kieswegen.
die tourist info in moudon hat mir dann eine witzige unterkunft vermittelt - nämlich im örtlichen hebammenhaus. hätte also gut sein können, dass mitten in der nacht 'ne werdende mutti auftaucht und es etwas laut wird. *hihi*
is aber zum glück nicht passiert, und so hab ich wunderbar geschlafen.

moudon - lausanne, mittwoch
das war 'ne harte etappen, meine güte! in meinem heftchen meinen sie was von sieben stunden, mit pausen hab ich mit acht oder neun gerechnet. und war dann eben geschlagene zehn stunden auf der strasse, u. a. weil ich mich zweimal verlaufen hatte. heidewitzka! und schön heiss war es an dem tag auch... dafür bin ich auf halbem weg einer gruppe von leuten begegnet, die einen wanderstock durch die schweiz tragen, der schon von konstanz nach santiago gegangen ist. und diese menschen wiederum haben mir einen lieben gruss von marlies ausgerichtet; sie sei also tatsächlich auf dem weg nach lausanne und heut abend in der jugi zu finden. na, dann!

um halb sieben war ich endlich angekommen (und die kirche war schon zu, also hab ich keinen stempel gekriegt - *hmpf!*) - und der anruf in der jugi lässt mich wissen, dass es zu fuss nochmal 40 minuten dorthin sind. puh! no way, denk ich, und mach mich auf die suche nach der bushaltestelle. so einfach war das nicht; eigentlich alle, die ich nach dem weg gefragt hatte (sogar auf französisch!), hatten selber keine ahnung, weil sie nicht in lausanne wohnen. tja nun!
kurz und gut, wie das leben dann so spielt: die letzte, die ich fragte, beatrice, ist erst ein stück mit mir herumgeirrt, meinte erst, ich solle die metro nehmen, fragte selbst noch ein paar leute, verlor dann die geduld - und hat mich mit dem auto hingefahren. sowas?!
in der jugi wollt ich eigentlich nur essen - duschen - schlafen, aber einmal war ja marlies da und noch drei pilger aus altötting, die ich vorher schon getroffen hatte.
und ausserdem war da noch säbi! (*zwinker*) die älteste tochter von schuler's, meiner "gastfamilie" im alpthal (lieben gruss übrigens dahin!), die ja mittlerweile als au pair in lausanne gelandet ist. wir wollten uns unbedingt treffen, wenn ich da angekommen bin.
also! statt essen - duschen - schlafen hatte ich einen wunderschönen abend mit all diesen lieben menschen, und hab dann eben dafür, dass der tag so hart war, viel zu wenig schlaf abgekriegt. aber naja... es gibt wichtigeres!

lausanne - allaman, donnerstag
die zweieinhalb stunden hinter lausanne gehören zu den schönsten wegetappen überhaupt. wenn ich nur einen tag gehen dürfte, nur eine strecke wählen müsste, so wär das diese. ich war ganz verzaubert! es ging direkt am genfer see entlang; relativ früh morgens, kaum menschen unterwegs; das plätschern des sees, die vögel...
ich geh also los, lass mich wieder überraschen wegen der unterkunft. buchillon hab ich angesteuert, 'ne kurze etappe nach dem anstrengend tag, nur fünf stunden. nur leider gabs die gewünschte unterkunft da nicht mehr... blödblödblöd.
ich also meine liste ausgepackt und rumtelefoniert. einen ort weiter hab ich jemanden erreicht - aber die gute madame couderay spricht leider auch nur französisch. nu ja, radebrechend hab ich mich verständlich gemacht (das klingt vermutlich immer nach: "ich hier schlafen heute? bitte?" *hihi*) und hab auch 'ne zusage gekriegt.
lauf ich also noch die paar kilometer bis allaman, will mich am örtlichen aushang nach der lage meiner unterkunft umgucken; da steht ein schweizer, bonjour, man ist ja freundlich. wir kommen ins gespräch - denn zum glück hat er englisch gesprochen. ah, gewohntes terrain!
zusammen haben wir dann, nach ein paar netten gesprächsminuten, nach meiner unterkunft geguckt, und nix gefunden. ein hin und her - er packt sein navi aus, lässt nicht locker, will mich hinfahren. beide handys funktionieren nicht, so dass wir dort auch nicht anrufen können. fahren wir also los, sein navi findets nicht, schickt uns erst vor, dann wieder zurück...
letztendlich: ein anruf bei der madame hat ergeben, dass die unterkunft direkt gegenüber lag, auf der anderen strassenseite der stelle, an der wir ins gespräch gekommen sind. *g*
und weil wir uns grad so gut verstanden haben, sind wir zusammen noch in morges essen gegangen und hatten bei pizza und pasta ganz wunderbare gespräche. antoine, banker in genf, hat mich zu guter letzt auch noch eingeladen, bei ihm unterzukommen, wenn ich in genf bin. hui, vielen dank für alles!

allaman - nyon, freitag
ja... in nyon bin ich letztlich auch finanziell am genfer see angekommen. *schluck*
sorglos wie immer, guter dinge bin ich am morgen von allaman losmarschiert - auf mittlerweile unschönen wegen, weil das ufer des sees überwiegend verbaut ist mit privatgrundstücken; dh. es geht hinten rum, über asphaltwege... *grummel* (und an dicken villen vorbei. haja, da sieht man schon, wo das geld liegt...) wenn ich nochmal gehen müsste/wollte/sollte, würd ich nur noch von lausanne nach morges laufen und von dort mit dem schiff nach genf weiterfahren. aber hinterher is man ja immer schlauer!
ich wollte in pragnins unterkommen, was wieder nicht geklappt hat; hab bei mehreren adressen angerufen, niemanden erreicht. sass unschlüssig vor der kirche rum, bis rupert vorbei kam, ein pilger aus münchen. wir quatschen ein bisschen, er geht weiter, denn er hatte ja schon 'ne unterkunft... schlussendlich bin ich noch die halbe stunde gelaufen bis nyon, wo grad high life war, weil der zirkus knie gerade gastiert. kurz und gut: alles, wirklich alles war ausgebucht. die privaten unterkünfte voll oder nicht erreicht; die hotels zu teuer oder voll... ich steh - unschlüssig - im hauseingang der tourist info rum - die schon zu hatte -, überleg mir gerade, ob ich vielleicht bei den artisten anklopfen soll, so 'ne nacht im bauwagen... da spricht mir eine freundliche schweizerin an, ob sie helfen kann? kurzentschlossen hat sie das heft in die hand genommen, mir - dank ihrer französischkenntnisse - ein hotel (!!) in st. cergue besorgt, einem bergdorf, 20 kilometer weiter... aber eben die günstigste unterkunft, "nur" 70 franken die nacht... und fährt mich auch noch hin!
mir ist das schon echt unangenehm, jeden tag die hilfe dieser guten menschen... als ob ich selbst zu unfähig bin!

nyon - genf, samstag
fahr ich also am nächsten morgen von st. cergue mit dem zug nach nyon. und überlege, was ich tue, denn: von fribourg aus hatte ich mir selbst ein packerl nach mies geschickt, ein kaff "kurz" vor genf, mit den unterlagen für frankreich. damit ich das zeug nicht den ganzen weg mitschleppen muss. dass ich natürlich ausgerechnet an einem samstag da ankommen würde... ich dachte schon, dass ich mich beeilen muss und mit dem bus/zug nach mies fahren, weil die post vermutlich am mittag schliesst. nun... bin ich also in den zug, den rest noch gelaufen, und komme um 11.23 uhr in mies an der post an. die seit 23 minuten geschlossen hatte. und mein päckchen liegt also ebenso unschuldig wie unerreichbar da drin... und: am montag ist feiertag. das heisst, ich kann das packerl frühestens am dienstag abholen. juhuu!
was tu ich denn nun so lang...? ich bin immer noch - unschlüssig... *seufz*

erst mal bin ich weitergelaufen nach genf, hab mich gefreut, auf die stadt, auf den see, auf das zentrum der neutralität... und komme, wie gesagt, an im zentrum des kapitals, wo mich die wto als eine der ersten institutionen empfing. da hat mich erst mal eine ungeheuere traurigkeit überkommen... das geld der welt liegt in genf, in kalten tresoren; und so lang das geld da liegt, wird sich auch nix ändern. es ist doch genug für alle da auf dieser welt, aber solange ein paar wenige das meiste für sich beanspruchen und bunkern, so lange werden menschen hungern, kinder sterben, so lange wird sich am elend der welt nix ändern.
ich hätte heulen können.

so ist das auch manchmal auf dem weg; plötzlich hab ich ganz intensive empfindungen, gedanken und erkenntnisse, aber das da, kurz hinter der stadtgrenze von genf, das hat mich total unvorbereitet erwischt.

zum glück hab ich zufälligerweise rupert wieder getroffen, den münchner; wir sind zusammen pizza essen gegangen, hatten einen tollen abend mit interessanten gesprächen (und einem viersprachigen kellner - ein deutscher slowene in genf, der in ingolstadt zur schule gegangen war *hihi*) - und das, der jugendliche, lebhafte, internationale flair hier (nicht überall starrt die stadt vor geld) hat mich wieder ein bisschen versöhnt.

nun... erst am dienstag kann ich in mies mein packerl holen. erst mal weiterzugehen, ist ziemlich sinnfrei; die grenze hab ich von hier aus schon in drei stunden erreicht, und dann hab ich keine ahnung wegen unterkünften... und je weiter ich weglaufe, desto länger muss ich mit bus & bahn zurück... also, denk ich, bleib ich noch ein paar tage hier, hol am dienstag meine post und geh dann weiter. dürfte hier ja noch genug anzugucken sein!

so, nun hab ich euch hoffentlich nicht zu sehr beansprucht mit meinem redeschwall, aber naja... es ist halt viel passiert!

alles liebe in die heimat und hinaus in die welt!
sandra

ps: ich kann leider, leider keine fotos hochladen hier... aber die dreadz... *hihi* also, mir gefällts! ;))

pps: nicht böse sein, dass ich erst mal nicht zurück-kommentiere; aber für diesen mega-eintrag hab ich nun schon geschlagene eineinhalb stunden gebraucht. aber - das kommt noch, versprochen!

wozu noch ein blog?

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